Das Minus-Schiff

Das Minus-Schiff I

Пятница, 18 Ноября 2022 в 15:00

Festival für Literatur in dystopischen Zeiten

Мероприятие организовано VFSV e.V., Содружеством русскоязычных литераторов Германии, а также auslandSPRACHEN совместно с Literaturhaus Berlin (Li-Be). При поддержке Департамента по культуре и Европейским делам Сената Берлина.

Tagesticket
8€ / erm. 5€

Zweitageticket für 18. und 19.11.
12€ / erm. 8€

Wie gestaltet man ein Festival der literarischen Zeitzeugenperspektive in Zeiten von Krieg, Klimakatastrophe und Pandemie? Die gesellschaftspolitischen Veränderungen der letzten Zeit, ihre Geschwindigkeit und Tragweite sind so heftig, dass wir aktuell wenig Raum für langfristige Analysen und Schlüsse, auch im Bereich der Literatur und Kunst erkennen. Stattdessen sehen wir die Möglichkeit für eine Reflektion zu den aktuellen Geschehnissen aus einer Zeitzeugen- und geschichtlichen Perspektive. Autor:innen sind nicht nur Zeitzeug:innen sondern auch biographische Geschichtenerzähler:innen, die den Lauf der Veränderungen wahrnehmen und ihre Erfahrungen, ihr Lebenswissen mittels ihrer Werke und ihrer Stimme dem literarisch interessierten Publikum präsentieren. Eine Zeitzeugenperspektive kann den Status Quo thematisieren, den Augenblick abbilden, die Symptome, die Verhältnisse aufdecken. Es geht dabei um den Veränderungsanspruch von Literatur auf der einen Seite und die Fragestellung: Wie weitermachen? Beim »Das Minus-Schiff — Festival für Literatur in dystopischen Zeiten« kommen Autor:innen aus Deutschland, Russland und der Ukraine zusammen, die in literarischen Begegnungen mit ihren Gesprächspartnern ihre Texte vorstellen und sich zu einem gemeinsamen thematischen Schwerpunkt austauschen.

16:00

РАСКОПКИ В КАМНЕ

Чтение и обсуждение с Клеменсом Майером (Германия) и Сергеем Соловьевым (Украина/Германия). Ведущий - Владимир Вельминский, автор и ученый.

GRABUNGEN IM STEIN

Lesung und Gespräch mit Clemens Meyer (Deutschland) und Sergej Soloviev (Ukraine/Deutschland)

Sprache ist Grabung. Auf unterschiedliche Weise erzählen der deutsche Romancier Clemens Meyer und der ukrainische Prosaist Sergej Soloviev von den Formationen, den Schichten der Wirklichkeit und ihrer Anverwandlung. Clemens Meyer, ein Meister des harten sozialen Realismus. Sergej Soloviev, eher ein Autor der Meditationen. Literatur ist eine Form der Meditation, um die Welt zu durchdringen, Realismus auch immer eine magische Form und beschwörende Formel. Beide verbindet die Imagination und die Genauigkeit der Beschreibung. Sequenzen der Unruhe auf der einen Seite, auf der anderen: Kontemplation. Oder um im Bild von Claude Lévi-Strauss zu bleiben: Das Harte und das Weiche, das Rohe und das Gekochte. Zwei scheinbar gegensätzliche Autoren treffen in Lesung und Gespräch aufeinander.

Moderation: Wladimir Velminski, Autor und Wissenschaftler.

18:00

ТЕМНАЯ КОМНАТА И СВЕТЛЫЙ ЦЕНТР

Чтение и беседа с Инной Краснопер (Россия/Германия) и Надей Кюхенмайстер (Германия). Модератор: доктор Марен Егер, литературовед, приглашенный профессор Берлинского университета.

DER DUNKLE RAUM UND DIE HELLE MITTE

Lesung und Gespräch mit Inna Krasnoper (Russland/Deutschland) und Nadja Küchenmeister (Deutschland).

„in dunklen orten aus worten – lief ich im garten, im wald, lief sie – ich. ich strich. in dunklen räumen…“ schreibt Inna Krasnoper. Ihre Texte vereinen Elemente aus verschiedenen Sprachen und Medien. Der Akt des Schreibens, sagt sie, ist vergleichbar mit dem Prozess der Verschmelzung von Identitäten, von Herkunft und Geschichte. Der dunkle Raum, das sich schließende Dickicht, aber auch die Bewegung, das Fortgehen und das auf etwas zugehen – finden sich in ihren poetischen Texten. n ihrem neuen Gedichtband Im Glasberg (2020) durchstreift Nadja Küchenmeister Plattenbausiedlungen in Berlin-Marzahn, architektonische Zeugen des Realsozialismus. Erinnerungsorte der Kindheit in Ostberlin, als man von der „Besseren Zukunft“ sprach, die anders kommen sollte: Als Wendezeit in den 1990er Jahren, die die Autorin geprägt hat. Latente Dystopie ist Küchenmeisters Texten eingeschrieben, Unorte und Nichtorte wie eine Shoppingmall mit Namen HELLE MITTE tauchen auf, der sie einen Gedichtzyklus gewidmet hat. 

Moderation: Dr. Maren Jäger, Literaturwissenschaftlerin. Gastprofessorin an der HU Berlin.

20:00

ЛЮБОВЬ ВО ВРЕМЯ ВОЙНЫ

Чтение и обсуждение с Юлией Кисиной (Германия/Украина/США) и Алексеем Шипенко (Германия/Россия). Модератор: Дмитрий Драгилев, автор и музыкант.

DIE LIEBE IN DEN ZEITEN DES KRIEGES

Lesung und Gespräch mit Julia Kissina (Deutschland/Ukraine/USA) und Alexej Schipenko (Deutschland/Russland).

Die Liebe in den Zeiten des Krieges – ein Paradox? Wird es einen Frieden geben können ohne Liebe? Was verbindet Menschen innig, was trennt sie abgrundtief?

Schöne Literatur kann keine einfachen Antworten geben. Im Sinne der beiden Autor:innen Julia Kissina und Alexej Schipenko ist die Welt durchaus eine Bühne absurden Theaters. Ein Theater der Lebenden, das Lust und Schmerz kennt – und auslebt. Die menschlichen Tragödien sind in der Überzahl. Was können Literatur und Theater, Film und Performance ausrichten? Oder bedeutet es einfach, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten? Bei dem Dramatiker Heiner Müller heißt es in einem seiner Stücke: „Wenn die Lebenden nicht mehr kämpfen, werden die Toten kämpfen.“ Jegliche Kunst, die wahrhaftig ist, kann schreien, weinen und lachen.

Nach den Worten von Alexej Schipenko ermöglicht die Erfahrung einem Schriftsteller, die Identitäten zu wechseln. In seinen Werken erzählt der Autor, wie ein Mensch sich von der westlichen Zivilisation lossagen könnte – um wohin zu gelangen? Nach seinen Worten würde man hier im Westen einer offenen Erzählung über die menschliche Seele nur mit Skepsis und auch Zynismus begegnen.

Julia Kissina zählt zum Kreis der Moskauer Konzeptualisten und zu den Autorinnen der russischen Avantgarde-Literatur. Ihre Werke sind erfüllt von einem skurrilen Humor und scharfen Beobachtungen. Ein wichtiges Thema ihres Schaffens ist das »Unbehagen in der Kultur«. Kaum ein Text von ihr ist in eine konkrete Landschaft eingebettet. Viele ihrer Romane spielen in einem abstrusen Jenseits. Politik wird, wenn überhaupt, nur am Rande gestreift.

Moderation: Dmitri Dragilew, Autor und Musiker.